31.10.2025
Der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts (VG) Gera, Bengt Fuchs, hatte sich in einem Facebook-Post abfällig über Sinti und Roma geäußert. Das führte zu einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung – die jetzt im Nichts endete. Nachdem das Landgericht (LG) Gera es abgelehnt hatte, das Hauptverfahren zu eröffnen, hat das Oberlandesgericht (OLG) Thüringen das jetzt bestätigt.
Die Staatsanwaltschaft Gera wirft Fuchs vor, in einem Facebook-Eintrag pauschal Angehörige der Sinti und Roma als "Rotationseuropäer mit Eigentumszuordnungsschwäche" bezeichnet zu haben. Diese Äußerung erfülle den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 Strafgesetzbuch – StGB), weil sie zum Hass aufstachele und einen Angriff auf die Menschenwürde darstelle.
Das LG sah den Tatbestand als nicht erfüllt an und lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Gera sofortige Beschwerde ein. Ohne Erfolg: Das OLG meint, das LG habe die Äußerung des VG-Richters zutreffend ausgelegt. Dieser habe zum Ausdruck gebracht, dass Angehörige der Sinti und Roma als nicht sesshafte Personen durch Europa reisen und Straftaten im Bereich der Vermögensdelikte begehen würden.
Das könne zwar als ehrverletzende Äußerung bei Vorliegen eines Strafantrags rechtlich verfolgt werden (§ 185 StGB Beleidigung) und Angehörige der Sinti und Roma könnten so strafrechtlichen Schutz erhalten. Der Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) sei aber nicht erfüllt.
Das OLG sieht in dem Facebook-Eintrag zwar eine "grob geschmacklose und diffamierende Entgleisung des Angeschuldigten" und einen missglückten Versuch, die Betroffenen in ironisch-satirischer Form pauschal lächerlich zu machen und möglichst viele "Likes" zu erzielen. Gleichwohl sei die Äußerung weder von Hass erfüllt noch reize sie in feindseliger Weise zum Hass an (§ 130 Absatz 1 Nr. 1 StGB "Aufstacheln zum Hass").
Auch ein Angriff auf die Menschenwürde (§ 130 Absatz 1 Nr. 2 StGB) liege nicht vor. Diese Norm knüpfe an Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes an und schütze den unverzichtbaren Kern der Menschenwürde. Bloße Beleidigungen und Beschimpfungen reichten dafür nicht aus. Erforderlich sei, dass den angegriffenen Personen das Lebensrecht in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen werde und sie als minderwertige Wesen behandelt werden würden. Diese Schwelle sieht das OLG hier nicht erreicht. Es begründet dies mit einer vergleichenden und rechtshistorischen Betrachtung, in deren Kontext die Äußerung gestellt wird. Fuchs` Eintrag lasse insbesondere keinen Bezug zum nationalsozialistischen menschenverachtenden Gedankengut unter Aberkennung der Menschenwürde erkennen, sondern bewege sich auf einer diskriminierenden und diffamierenden Ebene. Die sei zwar ehrverletzend sei, spreche den Angehörigen der Sinti und Roma aber nicht die Würde als Mensch ab.
Gegen den Beschluss kann kein weiteres Rechtsmittel eingelegt werden.
Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 27.10.2025, 3 Ws 308/25