31.10.2025
Für die Verhältnismäßigkeit einer vereinbarten Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis gibt es keinen Regelwert. Vielmehr ist laut Bundesarbeitsgericht (BAG) stets eine Einzelfallabwägung vorzunehmen. Dabei in den Blick zu nehmen: Die erwartete Dauer der Befristung und die Art der Tätigkeit.
Eine Frau arbeitete seit 22.08.2022 im Customer Service einer Arbeitgeberin. Das Arbeitsverhältnis war auf ein Jahr befristet, wobei es mit den gesetzlichen Fristen kündbar sein sollte. Die ersten vier Monate der Tätigkeit waren als Probezeit mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist vereinbart.
Am 10.12.2022, also im letzten Monat der Probezeit, wurde der Arbeitnehmerin ordentlich zum 28.12.2022 gekündigt. Diese machte nun geltend, die vereinbarte Probezeit sei zu lang. Daher könne das Arbeitsverhältnis frühestens mit der gesetzlichen Frist des § 622 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch zum 15.01.2023 enden. Wegen der Unwirksamkeit der Probezeitklausel entfalle zudem die Vereinbarung der Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses nach § 15 Absatz 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) insgesamt. Jedenfalls bedürfe die Kündigung der sozialen Rechtfertigung, weil die Wartezeit des § 1 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nur so lang sein könne, wie eine zulässig vereinbarte verhältnismäßige Probezeit, die hier mit drei Monaten anzusetzen sei.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die Probezeit als unverhältnismäßig angesehen. Es ging von einem Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung aus, hier also drei Monate. Gründe, davon abzuweichen, sah es nicht. Die Kündigung sei dennoch wirksam, beende das Arbeitsverhältnis aber erst zum 15.01.2023.
Die Revision der Angestellten, die weiterhin eine vollständige Unwirksamkeit der Kündigung geltend macht, war vor dem BAG ohne Erfolg. Dieses hob auf die Anschlussrevision der Arbeitgeberin das Berufungsurteil teilweise auf und wies die Klage insgesamt ab.
Anders als vom LAG angenommen, gebe es keinen Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung für eine verhältnismäßige Probezeit. Vielmehr sei in jedem Einzelfall stets eine Abwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen, so das BAG.
Hier habe die Arbeitgeberin einen detaillierten Einarbeitungsplans mit drei verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen Dauer aufgestellt, nach denen die Mitarbeiter produktiv einsatzfähig sein sollen. Daher sah das BAG die Probezeitdauer von vier Monaten als verhältnismäßig an.
Selbst bei Vereinbarung einer unverhältnismäßig langen und deshalb unzulässigen Probezeitdauer bestünde aber keine Veranlassung, merkt das BAG noch an, von einer Verkürzung der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Absatz 1 KSchG auszugehen, wonach eine Kündigung der sozialen Rechtfertigung bedarf, wenn das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. Oktober 2025 – 2 AZR 160/24